
02. November 2020
tannenwerkeln
Jeder Monat in Bayern hat seine eigenen Stimmungen, Ereignisse und Traditionen. „Bayern erleben – Das Magazin“ will sie hautnah spürbar machen. Einmal im Monat erzählt es die Geschichten der Menschen vor Ort, die sich ganz individuelle Vorhaben und Ziele gesetzt haben. Immer mitten im Geschehen: Moderator Matthias Luginger.
In der Sendung vom Montag den 2. November 2020, um 21.00 Uhr im BR Fernsehen, dreht sich alles um den Wald in Bayern.
Ab Montag gibt es die Sendung hier:
Bayern erleben – Das Magazin
Ich habe mich sehr gefreut, als ich vom South&Browse Team angerufen wurde mit der Frage ob ich Lust hätte etwas aus dem Wald zu zeigen. Da wir kurz darauf Holz angewiesen bekommen haben – Tannenholz – zum Brennholz schlagen aus dem Staatsforst, war der Baum um den es gehen sollte klar, die Tanne. Ob es Dinge gibt, die ich noch nie mit der Tanne gemacht habe, aber gerne ausprobieren würde? Aber klar. So ging das Ganze los.

Die Woche war unglaublich turbulent und auf dem Bild sieht man es ein wenig. Ich seh ein wenig aus wie ein „gerupftes Huhn“. Aber vor lauter Vorbereiten und durch die Wald stiefeln und meine Jungs, da hab ich nicht mehr an den Spiegel gedacht, kann ja mal passieren. Aber nun gut, es geht ja auch mehr um die Tanne.

Als erstes haben wir die Tanne gefällt, also eher meine Eltern. Muck, mein Kleiner, und ich haben zugesehen und vom Baum gesammelt.

Kann man die Nadeln denn auch einfach essen? hat das Team gefragt.
Klar kann man das.
Mach doch mal.
Und wie schmeckt das?
Schmeckt.. gut.
War alles was mir spontan einfiel. Ein wenig Harz, Zitrone und wunderbarer Wald – ja das schmeckt unterm Strich gut. 🙂

Die Tanne kann man eventuell mit der Eibe verwechseln. Das wäre fatal. Schau dir die Nadeln genau an und nimm nur mit, was du auch wirklich kennst. Die Tanne hat rückseitig diese dreifach gestreiften Nadeln. Die Eibe wäre einfach grün. Die Eibe – Taxus baccata – hat rote Früchte, allgemein dunklere Nadeln und auch eine andere Rinde, viel glatter, eher schuppig. Aber achte vor allem auf die Unterseite der Nadeln und nimm nur mit, was du wirklich kennst.
Mit der Fichte kann man die Tanne auch verwechseln, aber merk dir: „Die Fichte sticht, die Tanne nicht!“

Begonnen haben wir mit Holzchips aus dem Tannenholz schlagen. Hier gleich das Rezept dazu.
Tannen-Apfelsaft – „Holzwein“
Wein wird gerne in Eichenfässern gelagert. Dabei gibt die Eiche Aromen ab. Gerne flammt man dieses Holz auch an um eine besondere Geschmacksvielfalt hervorzurufen. Wenn Holz als Hülle Aromen abgibt, dann muss das doch auch passieren, wenn man Holz in einen Sud gibt! Aus diesem Gedanken ist der Versuch entstanden – Eichenholzchips in Apfelsaft auszuziehen. Das Ergebnis war fein, warum also nicht auch mit Tanne probieren?
Gute Handvoll Tannenchips/-späne
1 Liter Apfelsaft, naturtrüb
Hacke von einem Scheit Holz kleine Chips oder hoble Späne ab. Diese gib in einen Topf – ich verwende hier gerne emaillierten, muss aber nicht sein. Dann koche dies mit dem Apfelsaft zusammen auf und lasse den Sud mehrere Stunden simmern, ca. 6-8 h, gerne länger. Dann filtere das Ganze und genieße den „Holzwein“ warm.
Wie schmeckt das? Es ist schwierig zu beschreiben. Aromatisch, fein würzig, eine kleine, aber feine Harznote… Probier es doch mal aus!
Ich habe dieses Mal frisch geschlagenes Holz verwendet-es kam ja direkt aus dem Wald. Beim nächsten Versuch würde ich lieber getrocknetes nehmen. Eine Experimentreihe, die nach Fortsetzung ruft…

Dann haben wir geschnippelt und geschnippelt. Die Tannennadeln. Für ein Hustenoxymel.
Es ist Philosophiesache, aber ich möchte es erwähnen. Mir wurde gelehrt Wurzeln und Nadeln nicht mit Metall zu schneiden. Daher verwende ich gerne Keramikmesser oder Scheren. Vor allem bei Tannennadeln ist die Schere eine gute Wahl zum klein machen. Hier zum Nachmachen:
Tannenoxymel
Ein Tannenoxymel ist ein natürlicher Hustensaft. Oxymel kann man auch als Saurer Honig übersetzen. Zum wertvollen Honig wird Essig, mit all seinen „guten Bakterien“, gegeben. Diese Mischung dient als alkoholfreies Auszugsmittel und du kannst dir deinen eigenen Wald-Hustensaft zubereiten.
3 oder 2 Teile Honig, je nach Geschmack
1 Teil Apfelessig, naturtrüb
Je 100 ml Flüssigkeit 3-4 Triebspitzen der Tanne
Gib den Honig in eine Schüssel in ein Wasserbad. Es genügt im Normalfall das heiße Wasser aus der Leitung. Gib den Essig hinzu. Schneide die Tannennadeln klein. Nimm auch die ganz jungen Triebspitzen mit hinzu, in ihnen ist besonders viel Harz enthalten. Rühre nun Essig und Honig zu einer homogenen Masse und gib alles in ein Glas. Vier Wochen lang darf dieser Ansatz nun bei Zimmertemperatur in einer dunklen Ecke ziehen. Dann filterst du den Ansatz und füllst ihn in dunkle, sterile Gläser ab.
Dunkel und Kühl lagern, mindestens 1 Jahr haltbar.

Der fertige Ansatz.
Tipp: Die abgefilterten Triebspitzen kannst du mit Süßrahm-Butter vermengen und hast einen guten Brotaufstrich.
Tipp: Das Oxymel kannst du auch als Salatdressing verwenden. Gib ein wenig frisch gepressten Zitronensaft hinzu. Schmeckt hervorragend zu einem Wildkräutersalat mit feinen Apfelstreifen.

Nimm gern auch die Knospen mit in dein Oxymel, es enthält besonders viel Harz und ätherische Öle.

Man nimmt für ein Oxymel den Jahresaustrieb. Das ist der hellgrüne Teil, die vordersten Triebspitzen. Hier an diesem Baum konnte ich reichlich sammeln, denn er ist bereits gefällt worden. Aber wenn du wild sammelst (mit Erlaubnis) dann sammle sanft, denn der Baum will wachsen und wie du oben siehst, an jeder Spitze ist bereits der Triebansatz fürs nächste Jahr ausgebildet. Das bedeutet also auch, wenn du pflückst wächst hier nächstes Jahr nichts. Man sammelt nie von kleinen Bäumen und auch nie die Spitze oder die oberen Reihen.

Es gibt buschigere und flachere Triebe bei der Tanne.
Den Salat mit dem Fichtendressing, der oben als Tipp steht haben wir auch gemacht. Aber nicht alles hat in einem Beitrag Platz. Aber stell dir einfach eine waldiges Dressing vor, mit Fetthenne, Giersch, Wiesen-Labkraut, Sauerklee, Wilder Kresse und Vogelmiere.
Tannen-Bratkartoffel
Schon Hildegard von Bingen hat von einer Tannensalbe geschrieben. Ihren Tannen-Salbei-Auszug in Butter hat sie bei Kopfschmerzen, Herzschwäche und Magen- und Milzbeschwerden erwähnt. Nadeln geben also Inhaltsstoffe an die Butter ab, warum also nicht auch die Genussstoffe?
Butterschmalz
Tannenspitzen
Kartoffeln, gekocht und geschnitten
Salz
Zerlasse das Butterschmalz in der Pfanne und gib die Tannenspitzen hinzu, nicht zu heiß werden lassen und Acht geben, es spritzt. Lasse die Tannen schön ausziehen bis sie beginnen sich bräunlich zu verfärben. Nun gib die Kartoffeln hinzu und brate sie goldgelb an. Mit Salz würzen. Fertig!
Schmecken gut zu Quark, Wildkräuterquark und auch zu Bärenklaucreme.
Fein und tannig – unserer Wald-Bratkartoffeln!

Gefällt werden ein paar Tannen, damit der Wald nachwächst. Damit diese kleinen Sprösslinge hier heranwachsen können. Dazu brauchen sie Licht, das durch sensible Entnahme jetzt wieder auf den Waldboden fallen kann.

Gefeiert haben wir dies waldig – mit einem leckeren Tannen-Sprizz!
Danke an das Team von South&Browse!
Danke an den BR!


HINWEIS: Die Erläuterungen, Steckbriefe, Rezepturen sowie Verwendungshinweise sind nach Überlieferungen der Volksheilkunde, nach eigenen Versuchen und nach bestem Wissen niedergeschrieben. Es bleibt in der alleinigen Verantwortung des Lesers, die Angaben einer eigenen Prüfung zu unterziehen. Werden Methoden, Ideen und Rezepte dieser Seite angewendet, dann geschieht dies auf eigene Verantwortung und Haftung. Anleitungen, Zubereitungen und Rezepte ersetzen weder eine ärztliche Diagnose noch eine entsprechende Therapie. !!!
